Personalnotstand in der KiTa

Gestern Abend erreichte mich eine Mail mit dem Betreff „Verringerte Öffnungszeiten“. Leider kein Spam, wie ich kurzzeitig hoffte, sondern von unserem Kindergarten. „Das Team kann die vielen Personalausfälle nicht mehr tragen, daher wird der komplette Kindergarten zunächst um 15.30 Uhr geschlossen.“ Eigentlich bietet die KiTa an vier Tagen die Woche eine Betreuung bis 17 Uhr an, für die hoher Bedarf besteht. Bis mindestens Ende März wird das Angebot nun eingeschränkt.

Schon seit Wochen (wenn nicht Monaten) gibt es permanent Personalausfälle. Wegen Krankheit zum einen, was in einer KiTa wenig erstaunlich ist. Wegen langwieriger gesundheitlicher Probleme. Aber auch wegen Stellenwechsel. Am Montag wurde verkündet, dass eine langjährige Erzieherin gekündigt habe, es sei unklar, wann und ob die Stelle nachbesetzt werden könne. Gestern meldete sich eine weitere wohl für längere Zeit krank. Die verbliebenen Erzieher*innen machen seit Wochen Überstunden, alle drehen am Rad. Es ist eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis die nächste ausfällt.

Genau die gleiche Situation hatten wir in der Kinderkrippe. Kind2 hat in den knapp 2 Jahren dort ungefähr 10 (!) verschiedene Erzieherinnen kennengelernt. Es war ein Kommen und Gehen, das gegenüber den Kindern irgendwann nicht mehr vertretbar war. Kaum hatten sie sich an eine Bezugsperson gewöhnt, war die auch schon wieder weg. Wie froh waren wir, als Kind2 in eine Ü3-KiTa wechseln konnte, die für ihre seit Jahren konstante Personalsituation bekannt war.

Aber Pustekuchen. Es zeichnen sich nun ähnliche Probleme ab.

Jetzt wird also die Betreuungszeit reduziert, was den verbliebenen Erzieher*innen etwas mehr Luft verschafft. Für die Eltern und Kinder ist die angespannte Situation belastend. Der Träger zeigt sich hilflos und verweist darauf, dass es in anderen KiTas derzeit genau gleich aussehe: hoher Krankenstand, Stellen können aufgrund Bewerber*innenmangel nicht nachbesetzt werden, Betreuungszeiten werden eingeschränkt, um das verbliebene Personal zu entlasten. Kamen früher auf eine Stellenausschreibung in unserer KiTa nach Auskunft des Trägers 40 Bewerbungen, so sind es derzeit 2. Zwei unqualifizerte, die beide abgelehnt wurden.

Dass es in anderen Einrichtungen ähnlich aussieht, wie auch eine kleine Twitterumfrage* heute morgen ergab, zeigt, dass das kein spezifisches Problem unserer KiTa ist, sondern offensichtlich ein strukturelles, das sich vermutlich in nächster Zeit noch verschärfen wird. Es ist ein Problem, das sich schon seit Jahren anbahnt und bekannt ist. Dieser anstrengende und anspruchsvolle Beruf ist schlecht bezahlt** und die Arbeitsbedingungen zehren an den Kräften des Personals. Das einzig Positive für die Erzieherinnen ist wohl derzeit, dass sie aufgrund des großen Stellenangebots durch den KiTa-Ausbau größere Wahlmöglichkeiten haben und sich besser raussuchen können, in welchem Kindergarten mit welchem Konzept/Kollegium/Leitung sie arbeiten möchten. Die Bezahlung wird dadurch allerdings nicht besser. Die Arbeitsbelastung auch nicht. Und so steht der Burn-out bzw. der nächste Stellenwechsel auch dort vor der Tür.

Und nun? Für alle Beteiligten ist das ein riesengroßer Mist. Betreuungszeiten sind nicht verlässlich, das Personal ist ausgebrannt. Die Kinder müssen ständig von liebgewonnenen Erzieher*innen Abschied nehmen. Die Leitung ist überfordert und derzeit so hilflos, dass sie empfiehlt, die Eltern sollten sich untereinander aushelfen. Prima. Damit ändert sich leider überhaupt nichts. Wir überlegen, was wir - neben den nun notwendigen individuellen Kleinlösungen -  tun können, gemeinsam mit den Erzieher*innen und dem Elternbeirat, um zumindest unserer KiTa zu helfen. Aber das reicht nicht, es braucht verflucht nochmal endlich höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen und Anerkennung für diesen wichtigen Beruf!

_________________________

* Es kamen unglaublich viele Rückmeldungen, die ähnliche Probleme schilderten. Vielen Dank dafür!
** Hier die TVöD-SuE-Gehaltsübersicht für den öffentlichen Dienst (bei 100% Stelle). Private Anbieter liegen wohl teilweise deutlich darunter.

Und hier zwei der zahlreichen Texte zum Thema: Was Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen verdienen und was für eine Rente sie im Alter zu erwarten haben
und Kitas ausgebaut - Erzieher ausgebrannt

 

Dieser Beitrag wurde unter Alltag mit Kind, Kinderbetreuung abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

17 Antworten zu Personalnotstand in der KiTa

  1. Pterry schreibt:

    word! vor allem der letzte Satz!

  2. aquasdemarco schreibt:

    Bin selbst gelernter Erzieher, laut, unterbezahlt, hoher Druck und wenn du wechselst Bewehrungsaufstiegskohle weg,
    Warum soll man so arbeiten wollen.

  3. Berit schreibt:

    Oje, steht mir alles noch bevor. Bin ich froh, das ich mich erstmal in der Wolke Elternzeit befinde. Dennoch wäre ich gern bereit einen höheren Eigenanteil zu zahlen, wenn dafür zufriedenes, gut ausgebildetes Personal zu bekommen ist! Leider hat nun aber nicht jeder diese Option und hier muss dringend von Vater Staat nachgearbeitet werden, anstatt das Kindergeld um zehn Euro zu erhöhen…

    • cloudette schreibt:

      Genieße die Wolke! Je nachdem, wo du wohnst, kann die Betreuungssituation ja auch besser sein (in Berlin z. B., berichteten mir zumindest Leute).

      • Berit schreibt:

        In Leipzig fehlen lt Grüne im Stadtrat ca 500 Krippen und 2000 KiGa Plätze… es trifft Vater Staat eben doch immer ganz überraschend das so viele Menschen sich fortpflanzen wollen obwohl er es ihnen doch wahrlich schwer genug macht! Sturköpfe wir, das haben wir davon! ;)

        • jongleurin schreibt:

          Das mit dem Fortpflanzen ist nicht so das Problem, glaube ich - aber dass die Mütter auf einmal alle arbeiten wollen, das konnte ja keiner ahnen.

        • cloudette schreibt:

          echt? Das ist krass. Hier wurde wie verrückt ausgebaut, zumindest U3, da hat sich die Lage entspannt. KiTa ist immer noch etwas schwierig, vor allem bei den Wunschkitas.
          Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht genau, wer für die Misere verantwortlich ist (von wegen Klage: Kind ist nicht in einer städt. Kita). Träger? Kommune? Land? Die große Politik?

      • Rike schreibt:

        Berlin besser? Haha, hier ist der Betreuungsschlüssel mit der schlechteste unter allen Bundesländern, zwölf Krippis auf zwei Erzieherinnen, und der Krankenstand in unserer kita ist unglaublich. Heute z.B. werden die Krippis in unserer Abteilung von einer Bundesfreiwilligendienstlerin und einer Vertretungserzieherin betreut, die Elementargruppe von einem Springer (der kein ausgebildeter Erzieher ist) und der Kunstpädagogin, die immer zwischen allen Grupen wechselt. Die einzige Vollzeitkraft in der Abteilng ist seit vier Monaten krank - kein Wunder, dass die anderen auch immer öfter schlappmachen.
        Und auch die Fluktutation ist enorm, in den anderthalb Jahren die wir in dieser Einrichtung sind, sind in der Abteilung bereits sechs neue Erzieherinnen gekommen (und teilweise wieder gegangen) - und dabei hat die Kita eigentlich einen guten Ruf, sonst hätten wir unsere Kinder da ja nicht hingegeben…

  4. Greta schreibt:

    Ach, Ihr Armen. Viel Erfolg! Stimme dem voll und ganz zu, dass Erzieherinnen gute Bezahlung und Arbeitsbedingungen verdienen und dass dafür gekämpft werden muss! Eine der beiden Erzieherinnen meines kleinen Sohnes - die ihn beide betreut haben, seit er in die Kita gekommen ist, seit viereinhalb Jahren - geht demnächst in Rente. Ihr ganzes Berufsleben hat sie in derselben Kita verbracht, seit die eröffnet wurde. Bei uns zum Glück kein Einzelfall: eine „alte“ Ost-Kita mit einer großartigen Leiterin, langen Öffnungszeiten und dem Gefühl, dass die Kinder trotz diverser schildbürgerhaft organisierter Sanierungsmaßnahmen am Gebäude immer gut aufgehoben waren… Viel Glück Euch - wie geht das jetzt mit Eurem Alltag zusammen?

    • cloudette schreibt:

      Was für ein Glück! Unsere KiTa war auch klein und schnuckelig mit sehr konstantem Personal, bis sie einen Neubau und ca. doppelt so viele Kinder verpasst bekam … aber daran allein liegt es nicht. In der Kleinkindgruppe waren nur 10 Kinder und auch da Personalchaos. Anscheinend sind hier viele KiTas betroffen, erzählen auch Freund*innen. Liegt sicher auch daran, dass die Lebenshaltungskosten hier sehr hoch sind … wer kann mit so einem Gehalt hier leben?

      Wie es sich auswirkt, weiß ich noch nicht genau. Der Mann übernimmt erst mal an den Tagen, an denen ich lange arbeite. Ansonsten: Arbeitszeit anders verteilen, noch weniger Freizeit …

      • Berit schreibt:

        Was mir noch einfällt. Ihr könnt euch als Eltern natürlich auch zusammentun und eine Sammelklage gegen die Stadt wegen Verdienstausfalls einreichen…

  5. jongleurin schreibt:

    Oh je, das ist ja richtig sch…ade. Hier in Hamburg ist es besser, zumindest in meinem Umfeld. Mag aber auch daran liegen, dass ich in einem Stadtteil wohne, in dem nicht so viele Leute arbeiten, was dann wieder zu weniger Kita-Bedarf führt. Wenn man mehr als den gesetzlichen Anspruch braucht - hier wären das 5 Stunden Stunden am Tag, die dann auch kostenlos sind - wird man mit Kusshand genommen. Von vielen Personalwechseln ist mir auch nichts bekannt, die Krippengruppe der Krabbe ist seit ihrem ersten Tag stabil, und auch in den anderen Gruppen sehe ich dieselben Gesichter. Dabei ist mir absolut schleierhaft, wie das mit der Miete für die - in diesem Fall zu 100% weiblich - Damen in Hamburg geht. Seit ich mir nach der Trennung den Wohnungsmarkt für Mutter mit Kind angeschaut habe, schlackere ich täglich mit den Ohren.

    • cloudette schreibt:

      Ich hoffe, es bleibt so gut bei euch, das ist echt viel wert!! Von den Löhnen kann man hier als Alleinverdienerin höchstens eine 1-Zimmer-Wohnung bezahlen, wenn überhaupt. Bei den Mietpreisen liegen wir ja noch vor Hamburg :-( Ich frage mich jetzt ja schon, ob die Betreuungssituation in Süddeutschland schlechter ist …

  6. Xenia schreibt:

    Ehrlich gesagt hatte ich vermutet, dass ErzieherInnen erheblich weniger Geld bekommen. Ich bin 56 Jahre arbeite als angestellte Unternehmensberaterin und bekomme inzwischen 300 € brutto mehr. Und wohne auch in Hamburg mit einer 800 € Miete - was durchaus noch günstig ist. Vor der Altersarmut habe ich allerdings auch schon Bammel…

  7. Julia schreibt:

    So gering finde ich die Bezahlung nun aber wirklich nicht! Erzieherin kann man mit Hauptschulabschluß und anschließender Kurzausbildung zur Sozialassistentin werden (zumindest hier in Sachsen), es gibt geregelte Arbeitszeiten, keine Wochenend- und Feiertagsarbeit. Und zur Mietunterstützung besteht auch noch die Möglichkeit, Wohngeld zu beantragen.

  8. maike schreibt:

    Bei uns , und wir sind nun schon 5 Jahre bei einem Träger der Krippenplätze und Kindergartenplätze anbietet, ist die Personelle umstrukturierung wirklich enorm. Da wird dann eine 20 Jährige gerade ausgelernte in die Krippe gesteckt und soll nun die Leitung übernehmen, dies kann und will sie gar nicht. aber hat sie eine Wahl??
    Die Stunden kürzen machen sie gott sei dank nicht, es wurde ja auch erst vor zwei Jahren die Ganztagesgruppe bis 16 Uhr angeboten. Da dann nicht alle Kinder angemeldet sich muss sich dann halt eine Erzieherin alleine damit rumplagen. Traurig ist das, alle Berufe die mit Menschen zu tun haben, egal ob Erzieher, Krankenschwester, Rettungssanitäter sind unterbezahlt. Dabei ist doch eigentlich ein Menschenleben viel mehr wert!!

kommentieren

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Du kommentierst mit Deinem Google-Konto. Abmelden /  Ändern )

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.