Es ist mir tatsächlich erst gestern aufgefallen, dass ich 2012 ein kleines Jubiläum zu feiern habe - vielleicht hat mich die Zeit zwischen den Jahren darauf gebracht: Ich bin nun ziemlich genau die Hälfte meines Lebens Mama, fast mein komplettes „offizielles“ Erwachsenenleben lang. Logischerweise ist meine Tochter jetzt halb so alt wie ich und, um das Spielchen weiter zu treiben, fast genau so alt wie ich damals, als ich sie bekam. Plus-minus ein paar Wochen.
Die Familie gab sich ob der Erkenntnis recht unbeeindruckt, mich lässt sie allerdings gerade kaum noch los, die Gedanken schwirren in die Vergangenheit, versuchen ein Bild von Mutterschaft zu malen, ihre Bedeutung zu umkreisen - mit mäßigem Erfolg. Es gibt zu viele Variationen, zu viele Hochs und Tiefs, um sie auf einen Punkt zu bringen.
Junge Mama damals, als ich die erste war im Freundinnenkreis und keine Ahnung hatte vom Kinderhaben, keine Vorbilder, an denen ich mich orientieren mochte. Durchwursteln war meine Devise. Und ja nicht spießig sein - das gehörte zu meinem Grundwortschatz, ja nicht eine von denen werden, die nur noch übers Kindlein reden. Mein Mutterbild war grottig schlecht - nicht das Bild von meiner Mutter, sondern meine Vorstellung, was Muttersein zu bedeuten hat: Selbstaufgabe, Aufopferung, Langeweile, Spießigkeit. So ziemlich genau das, was ich nicht wollte. Was ich wollte war Gleichheit, das Teilen von Verantwortung und Sorge fürs Kind, der täglichen Arbeiten. Es war ziemlich Pustekuchen, weil ein ständiger K(r)ampf. Emanzipation war (damals?) Sache der Frauen. Nur blöd und frustrierend, wenn der Partner da nicht mitzog und groß die Gefahr, als olle Meckertante, die ständig etwas fordert (Windel ist voll - wie wär’s mit Wickeln?), abgestempelt zu werden. Lese ich im alten Tagebuch, springen mir oft Wut&Frust entgegen. „Pass auf, dass du nicht zu viel verlangst“, so der väterliche Rat. Ich wollte nicht zu viel, ich wollte Gleichberechtigung und wählte irgendwann die Trennung.
Töchterchens Baby- und Kindheitsjahre sind nun schon so lange her, dass viele Erinnerungen bereits verblassen. Wie war es, als sie das erste Mal lächelte, laufen lernte, die ersten Worte sprach? Momente, die ich nie vergessen werde, dachte ich, so bewegend, so eindrücklich. Der Nebel der Zeit schluckt die Details irgendwann einmal. Kind 1 ist nun eine wunderbare junge Frau, die das mütterliche Nest längst verlassen hat und ihre eigenen Wege geht.
Dafür hat sich Nr. 2 ins Nest gesetzt. Die große Lücke zwischen den beiden ist vielem geschuldet, ein halbes Leben steckt darin. Vor allem aber war mir eines klar: Ich wollte nie wieder alleine zuständig sein. Nie wieder kämpfen um Selbstverständlichkeiten, um Gleichberechtigung. Dann lieber keine Kinder mehr. Vieles ist nun einfacher. Die Freundinnen haben fast alle Kinder, das Ausgehbedürfnis hält sich in Grenzen, ich habe nicht mehr das Gefühl, einem Bild entsprechen zu müssen. Das gemeinsame Sorgen&Kümmern (50-50) klappt mit dem Kind2-Vater mit so großer Selbstverständlichkeit und Liebe, dass ich es manchmal nicht fassen kann. Dafür könnte ich ihn und den Feminismus knutschen, dass das nun endlich möglich ist. Wenn auch längst nicht üblich. Mutterschaft ist für mich das, was ich lebe, sie ist ein Teil von mir, sie ist nicht komplett Ich.
So feier ich nun mein kleines Jubiläum, wühle ein bisschen in Tagebüchern, lasse alte Zeiten Revue passieren, während die Geschwister miteinander Lego spielen. Ein seltener Moment. Herzallerliebst.
ein herzallerliebster artikel auch. alles gute für dich im neuen jahr!
Liebe Cloudette,
ach, das wärmt mein Herz. Ich war auch die erste, die ein Baby bekam, obwohl ich im Gegensatz zu dir gar nicht mehr jung war mit 34 Jahren. Und die Trennung war irgendwann der einzig gangbare Weg, auch wenn er aussah wie das Balancieren über eine wackelige Brücke über einen Canyon mit drei Kindern auf dem Rücken, Ziel unbekannt.
Dass du einen Partner gefunden hast, der Gleichberechtigung lebt und bei dem es nicht „zu viel verlangt“ ist, 50-50 zu machen, stimmt mich froh. Ich wünsche dir und deinen Lieben einen guten Start ins Neue Jahr!
Herzlich, Christine
wunderschönes bild und herzerwärmender text, da schließe ich mich meinen vorkommentatorinnen an.
wow, ich gratuliere zum Jubiläum und danke fürs Mit-Teilen.
Toller Text und eine tolle Bestätigung dafür, dass Gleichberechtigung nun wirklich kein Feindbild mehr sein muss. Liebe ohne geht für mich auch gar nicht mehr. Habt ein schönes neues Jahr!
Das ist wirklich herzallerliebst, trotz der ernsten Töne. Ich freue mich für dich, dass beim Zweiten alles anders/besser wurde. Die Zeit hat für dich gespielt, sowohl in deiner Gelassenheit als auch bei der Gleichberechtigung.
Nächstes Jahr bringe es erst auf ein drittel Leben Mutterschaft (musste gleich mal nachrechnen). Obwohl ich sicher um einiges älter war, kämpfte ich ganz ähnlich. Beim Zweiten, zehn Jahre später, hatte sich hier ebenfalls Gelassenheit eingestellt. Man weiß dann eben, dass das Muttertier nur eine Facette ist, ein Teil des Ganzen.
Ich wünsche euch weiter alles Gute! (Und das Foto ist herzallerliebst.)
Liebe Muetzenfalterin, Christine, Marie, NV, Tell me, Vierachtel! Ich hatte ein bisschen Bammel, den sehr persönlichen Text online zu stellen, und ihr glaubt gar nicht, wie sehr ich mich über eure lieben Worte freue! Habt vielen ♥-lichen Dank dafür!!!!
@Christine: Meine Hochachtung, noch einmal. Alleinerziehend hoch 3, das ist schon der Hammer.
Wirklich sehr schön geschriebener Artikel!
Ich war auch die erste in meinem Freundeskreis mit Kind, mit der Gleichberechtigung klappte es während der Beziehung nicht wirklich, nach Beendigung deselben aber schon deutlich besser. Ich hoffe ja sehr, dass ich für das nächste (vielleicht irgendwann mal kommende) Kind auch jemanden finde, mit dem Gleichberechtigung so selbstverständlich funktioniert!
Herzlichen Glückwunsch zum halben Leben Mutterschaft und auch weiterhin alles Gute!
… vorbilder, ja, die suche ich bei meiner nr. 1 auch noch manchmal dringend. und manchmal bin ich hier schon fündig geworden :) schöner text über vieles!
Liebe Cloudette,
ich sitze hier gerade mit Gänsehaut ob deines Artikels. Und ich freue mich, dass du mit dem Vater deines zweiten Kindes ganz ohne K(r)ampf eine gleichberechtigte Partnerschaft leben kannst. Die ist durch nichts zu toppen,
findet
Marie
Danke euch allen für die guten Wünsche! @aufZehenspitzen: <3 @Doreen: viel viel Glück, ich drücke die Daumen! @Marie-meineschreibblockadeundich: passt zwar nicht zum Thema, möchte ich trotzdem mal loswerden: Dein Blogname ist super! (fühle mich immer angesprochen ;-) )
Danke :). Der drängte sich gewissermaßen auf.
herzlichen glückwunsch zum mutterschaftsjubiläum, zu deinen töchtern, zur funktionierenden eltern- und partnerschaft, zum frau-sein, zu deinem schönen blog!
ich bin immer wieder froh, dich in den weiten des www irgendwie entdeckt zu haben!
Vielen vielen Dank liebe Krähenmutter <3!!! Das zweite Kind ein ein Junge - aber noch ist ihm das ein Glück ziemlich wumpe ;-) Ich freue mich auch immer wieder über deinen Blog und deinen tollen Humor, der bei all dem Stress so durchscheint!
Ein riesiges Paket Glückwünsche. Noch ein Extra-Paket Mitfreude obendrauf. Für alles. Bin völlig gerührt…dein post gibt mir Hoffnung + das ist wirklich viel+ nötig gerade. Ich musste lernen, dass es manchmal mit der Gleichberechtigung Essig ist, wenn so ein kleiner Mensch ins Leben tritt. Aber : Es geht auch mit. Es gibt sie die Menschen, die aus einem Wir eine Familie basteln, sich selbst + einander nicht aus den Augen verlieren+all das auf Augenhöhe…das ganze schöne Leben eben…hach !!! Liebe Grüße !
<3 Danke dir!! Ja, der Eintritt von so einem kleinen Menschen ins Paargefüge ist ein Knackpunkt, auf jeden Fall! Viel Kraft, viel Hoffnung, viel Glück, alles Liebe!
ich kam erst jetzt dazu, dies zu lesen. ich gratuliere zum jubiläum! wie schön.
danke :-)!
Hab Dich jetzt erst entdeckt und schmökere ein bisschen.
Dein Text hier… Genauso ging es mir auch. Beim 1. Kind noch ziemlich jung, haderte ich mit dieser Mutterrolle, dieser Spießigkeit, war trotz Partner für alles allein zuständig und habe mich sehr bald getrennt.
Umso mehr genieße ich die jetzige Partnerschaft, in der Vieles so leicht und selbstverständlich ist, dass wir beide es schade finden, uns erst so spät (zum Glück nicht ZU spät) getroffen zu haben.
Ich komm jetzt öfter hier vorbei ;-)
Das freut mich + willkommen Frische Brise!!! Das geht mir auch so: Schade, dass es so spät war. Sonst wären wir vielleicht noch eine Großfamilie geworden ;-) Aber immerhin, es gibt das wunderbare Kind1 und wir haben zusammen das wunderbare Kind2.
:-).
(Mehr kann ich irgendwie grad nicht schreiben. Aber schön. UNd berührend. Und lächelnd zurücklassend.
Und was ein bezauberndes Bild!!)
danke, freut mich :-)!