Delta Chat - ein neuer Star am Messenger-Himmel?!

Telegram? Threema? Nein! Delta-Chat! :-)  Mit Lesebestätigungshäkchen und Verschlüsselungszeichen.

Messenger sind so ein Thema. Das Nuf hat sich kürzlich etwas ausführlicher damit auseinander gesetzt und beschrieben, was an Whatsapp problematisch ist. Die App gehört zu (evil) Facebook und schickt, das dürfte mittlerweile bekannt sein, ungefragt Adressbuchdaten an den Konzern, was scheiße und nach aktueller Rechtsprechung zudem nicht legal ist. Auch die Metadaten landen natürlich bei Facebook.

Auf Whatsapp zu verzichten ist für viele nicht ganz einfach. Für mich auch nicht. Schließlich tummeln sich dort viele viele Freund*innen, die gesamte Großfamilie und fast alle Kindergartenmamis und -papis. Deswegen habe ich sie auch immer noch aktiv - allerdings habe ich der App den Zugriff aufs Adressbuch entzogen (das geht mit neuen Android Versionen unter Einstellungen -> Apps -> Whatsapp -> Berechtigungen ändern). Zugegebenermaßen ist das unkomfortabel. Denn nun kann ich meine Chatpartner!nnen nur noch über deren Profilbild und Telefonnummer (die statt des Namens angezeigt wird) identifizieren. Das ist unschön und unübersichtlich.

Als Alternative habe ich über längere Zeit Signal, Threema und Telegram ausprobiert. Die Messenger sind im Prinzip vom Funktionsumfang ähnlich wie Whatsapp und funktionieren alle drei sehr gut. Der große Nachteil ist die Reichweite: Meine Kontaktlisten in diesen Messengern sind extrem übersichtlich. Nur eine Handvoll Leute in meinem Bekanntenkreis nutzt diese Alternativen, so dass ich dort jeweils nur ca. 3-4 aktive Chats habe. Außerdem sind alle drei Messenger ebenso wie Whatsapp zentral organisiert, d.h. alle (Meta)Daten laufen über die Server der jeweiligen Anbieter. Zudem nutzen zumindest Threema und Telegram Google Cloud Messaging (neuerdings umbenannt in Firebase Cloud Messaging), also einen Google Service, um das Handy über neue Nachrichten zu informieren.

Vor einigen Wochen habe ich mir den neuen Messenger Delta Chat runtergeladen. Delta Chat ist ein Open Source Projekt und bisher nur für Android verfügbar. Es nennt sich „Der Messenger mit der größten Reichweite der Welt“. Ein bisschen großspurig, dachte ich zuerst. Aber es stimmt: Denn Deltachat funktioniert auf E-Mail-Basis, man richtet also keinen eigenen Account ein, sondern nimmt einfach eine bestehende E-Mail-Adresse und kann dann über die App hin- und herchatten.

Das Gegenüber muss sich die App nicht installieren, sondern kann einfach über ihren E-Mail-Client kommunizieren. Dort erscheinen die Nachrichten als normale Mail. Damit kann ich also potenziell alle Leute erreichen, von denen ich eine Mailadresse habe.

Als Nutzerin habe ich die Wahl, von Delta Chat aus Nachrichten zu verschicken oder der Bequemlichkeit halber zwischendurch auch am Notebook vom Mail-Client aus zu antworten. Die Nachrichten tauchen alle sowohl in der Inbox bzw. in einem eigenen Chatordner sowie in der App im Chatverlauf auf.

Der Instant E-Mail-Messenger kommuniziert nur zwischen den beteiligten E-Mail-Servern, er ist damit also im Unterschied zu allen anderen (zumindest mir bekannten) Messengern dezentral organisiert. Es gibt keinen Deltachat-Server, auf dem Nachrichten, Metadaten oder Adressbuchdaten gespeichert werden, alles liegt auf den eigenen Rechnern bzw. beim E-Mail-Provider. Und den kann eine sich ja frei aussuchen. Gerade in Deutschland gibt es einige, die Datenschutz ernst nehmen und sich nicht über Werbung/Datenweitergabe finanzieren (dafür dann halt wie posteo 12 € im Jahr kosten. Das ist es mir wert).

Die Kommunikation zwischen Delta Chat Messengern ist Ende-zu-Ende verschlüsselt. Verwendet wird hierfür OpenPGP, der Schlüsselaustausch findet automatisch über den Autocrypt-Standard statt. Die Verschlüsselung wird durch ein Schloss in der Nachricht angezeigt (mehr zur Verschlüsselung hier).

Optisch und von den Funktionalitäten her ist Delta Chat mit den anderen Messengern vergleichbar. Es ist möglich, Bilder, Videos, Sprachnachrichten etc. zu versenden, man kann Gruppenchats einrichten und erhält, wenn entsprechend aktiviert, Lesebestätigungen. Delta ist schnell und das chatten darüber macht Spaß.

Noch gibt’s Delta Chat erst in einer Beta Version (0.9.3) und die App wird derzeit noch an einigen Stellen weiterentwickelt, z.B. wird derzeit das Konzept der Kontaktanfragen überarbeitet. Man kann sie über die Website des Projekts oder über FDroid beziehen und einfach mal ausprobieren und ggf. auch mitdiskutieren oder mitübersetzen (es gibt die Website schon in 6 Sprachen). Mit Version 1 kommt die App voraussichtlich auch in den Play Store. Für Apple soll es auch eine App geben (irgendwann).

Für mich sieht das Ganze bisher sehr sehr gut aus und ich könnte mir vorstellen, dass ich damit nach und nach alle anderen Chat Messenger ablösen kann - allen voran endlich endgültig auch Whats App. Für mich also ganz eindeutig „der“ Star im Wust der Messenger!

++ + Discloser: Mein Partner ist in Autocrypt involviert und inzwischen kenne ich den Entwickler von Deltachat auch persönlich. Das hebt vermutlich meine Bereitschaft, den Messenger geduldig zu testen. Andererseits habe ich durchaus eine äußerst kritische Ader (zum Leidwesen manch Nahestehender).  +++

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9 Antworten zu Delta Chat - ein neuer Star am Messenger-Himmel?!

  1. albrecht schreibt:

    Hallo, ich habe delta installiert, bin sehr begeistert und nun auf deinen Artikel gestoßen. Schön! Nur ein Hinweis: Telegram (hab ich installiert und ich fürchte sehr viele andere auch) kommt prima ohne Google Cloud Messaging klar. Was wohl nicht funktioniert ohne GCM (evtl veralteter Kenntnisstand) ist Signal. Der Marlinspike oder wie er heißt hat damals den Leuten auf fdroid das Leben schwer gemacht, die Signal mit nem anderen push bauen wollten als dem von Google und er hat auch komisches Zeug geschrieben warum er das so gut findet.
    Alles jetzt frei aus der Erinnerung.

    Einen gewissen Nachteil sehe ich bei delta darin, dass Nachrichten, die nicht von bekannten Adressen aus meinem Android-Adressbuch kommen, bei delta nicht angezeigt werden. Nachrichten, die von einer unbekannten Mailadresse geschrieben werden bleiben also unerkannt und unbeantwortet, außer man guckt immer noch mal „manuell“ ins Postfach. Gerade da delta damit wirbt, auf dem „mailstandard“ aufzubauen, könnte es hier zu Missverständnissen und unschönen Situationen kommen, weil Benutzer_innen vom bekannten Prinzip des Mail-Clients ausgehen.

    Ansonsten bin ich total happy damit!

  2. cloudette schreibt:

    Hi Albrecht, schön :-). Ich bin auch nach wie vor happy mit Delta - und für mich passt es gut, dass nur Mails von bekannten Adressen angezeigt werden. Ich schaue halt ab&zu in die Kontaktanfragen bzw. nutze zusätzlich Thunderbird (und ich bekomme nicht so oft Mails von mir nicht bekannten Adressen). Aber ich kann mir schon vorstellen, dass das etwas störend ist, wenn man nur Delta nutzt bzw. wenn man vom Mail-Client-Prinzip ausgeht. Auf github wird das Thema kontrovers diskutiert, vielleicht hast du ja Lust, dort mitzumischen und ggf. Vorschläge zu machen. Noch ist das ja nicht in Stein gemeißelt und gute Ideen sind willkommen. Ein Vorschlag ist zB, dass in den Einstellungen eine zusätzliche Option „zeige alles im Hauptchat“ oder so angeboten wird: https://github.com/deltachat/deltachat-android/issues/228

  3. Volker Krill schreibt:

    Das hört sich alles sehr gut an. Mir stellt sich allerdings die Frage, wie kann ich mit einem Whatsapp-Nutzer kommunizieren, der keine Emailadresse hat?

    Über eine Antwort würde ich mich freuen.

    • cloudette schreibt:

      Hi Volker,
      von Delta zu Whatsapp geht nicht. Delta Chat funktioniert über E-Mail, die bräuchte die bislang-Whats-app-nutzende Person also schon. Allerdings ist es egal, welchen Provider sie wählt (posteo, riseup, google&co). Viele Grüße!

    • ja wer wohl schreibt:

      Dein Beitrag ist zwar schon etwas älter.
      Aber nichts desto trotz will ich kurz antworten.

      Der WhatsApp Nutzer hat sehr wohl eine Mailadresse.

      Denn sowohl um den Google Play Store wie auch den App Store von Apple zu nutzen braucht man eine Mailadresse.

      Wie regelmäßig die dann abgefragt wird steht natürlich aif einem anderen Blatt.

  4. Tom schreibt:

    Zwar keine Lösung für das Problem von Herrn Krill, aber vielleicht für andere Delta Chat-Nutzer interessant:
    Man kann über Bots in Telegram E-Mails senden und empfangen, somit auch mit Delta Chat kommunizieren.

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