Es lässt sich nicht mehr vermeiden: Ich brauche neue Klamotten. Seit es Winter ist, schlage ich mich im Wesentlichen mit 2 Hosen, einem Rock und diversen Strumpfhosen durch. An sich könnte das reichen, hätte ich nicht ein herumschmodderndes Kleinkind, das dafür sorgt, dass sich das Meiste davon im Wäschekorb befindet. Und könnte ich den lieben langen Tag einfach zuhause bleiben, ginge es auch. Aber ab&zu muss ich in die Welt hinaus, womöglich sogar zu beruflichen Terminen - und da kommen Ringelstrumpfhosen und fleckige abgeschabte Hosen manchmal einfach nicht soooo gut.
Also füge ich mich und gehe am freien Freitag in die Stadt, mäßig motiviert, denn ich hasse Shoppen. Echt jetzt. Früher stöberte ich gerne durch Second Hand Läden, aber das gibt es in unserem Städtchen fast keine (komisch eigentlich), inzwischen bin ich froh, wenn ich es einfach vermeiden kann.
Laden 1, ne kleine Klitsche, die Verkäuferin bleibt 50 cm vor der Kabine stehen und begutachten mich ausführlichst. Ich sehe von vorne aus wie eine Litfasssäule, von der Seite wie eine Ente. “Na, den Po haben Sie halt, da kann man jetzt auch nix machen. Den können Sie doch auch zeigen!”, kommentiert sie meinen kritischen Blick. Äh, ja. Aber der Rock ist toll.
Laden 2, so ein Riesenblödkaufhaus, einmal durch die Klamottenabteilung und wieder raus. Mir gefällt mal wieder schlicht nichts.
Laden 3: Zwei Spiegel in der Kabine. Damit man sich auch von hinten, links und rechts sieht. Uargh. Seit wann sind meine Oberarme so zerdellt? Und wo kommen die ganzen Röllchen her? Ich zwänge mich in ein paar Oberteile und beim Ausziehen stehen mir die Haare wie ein Heiligenschein vom Kopf. Klar: 100 % Plastik. Made in Pakistan womöglich. Nur steht das komischerweise nirgends, ich dachte, das Produktionsland muss ausgewiesen werden? Habe ich was verpasst? Ich kaufe nichts. Schon gar nicht so einen Schrott, der womöglich unter beschissenen Produktionsbedingungen von Frauen und Kindern hergestellt wurde.
Laden 4 - 6: Das gleiche Angebot. Plastikkram. Kurze Pullöverchen, bei denen Größe 44 wie die Kinderausgabe aussieht. Röhrenjeans. Röhrencordhosen, Röhrenirgendwashosen. Die Dinger sahen schon in den 80ern scheiße an mir aus, das hat sich nicht geändert. Der gleiche Umkleidekabinenfrust.
Laden 7: Ich bin inzwischen soweit, dass mir nichts gefällt, weil ich mir nicht gefalle. Mir reicht’s.
zurück zu Laden 1: Den Rock noch einmal anprobieren, inzwischen ist eine andere Verkäuferin da. “Wir habe’ nur gute Qualität, wisse Sie. Und ich hab auch Po. Hat man keinen, sieht’s auch scheiße aus. Aber Rock steht Ihne!” Was haben die nur alle mit meinem Hintern? Tsss. Ich nehme den Rock. Teddystoff, schwarz. Super gemütlich. Passt gut zu Ringelstrumpfhosen. Achja.
Shoppen - ein Dilemma auf mehreren Ebenen:
Ich habe keine Lust dazu, es muss aber wohl oder übel manchmal sein. Wer hier schon eine Weile mitliest, weiß vielleicht, dass ich es mit DIY leider leider nicht so habe. Allerdings gefallen mir 99,6 % der Klamotten nicht, die restlichen 0,4 % passen i.d.R. nicht. Und dann sind da noch die Produktionsbedingungen, siehe oben.
Außerdem dieses Figurendilemma: Ich finde Körpernormierung + Schönheitsideale einfach nur kacke. Und ich lasse auch keine Gelegenheit aus, das herauszuposaunen. Körperliche Vielfalt ist mein Ideal. Wenn es aber um mich selbst geht, falle ich regelmäßig in stereotype Bewertungsmuster zurück. Ich krittel an mir rum, bin unzufrieden und die 5 kg, die ich mir im letzten Jahr zugelegt habe, sind bei mir selbst ganz und gar nicht ok. Viel darüber lesen, diskutieren, feministische Überzeugungen haben schützt nicht vor Selbstverurteilung (und abschätziger Bewertung anderer, das hat aufZehenspitzen kürzlich gut beschrieben). Der ganze Kram sitzt einfach sehr tief.

Sähen alle aus wie eine Ente, wär’s auch langweilig.
Dem Liebsten schreibe ich von unterwegs eine Frustmail. Er antwortet: “Wieso nicht mal als Säule durch die Gegend wandeln? Übrigens ist das Paket da.”
Paket?? Das ist mein neues Notebook! Yeah. Nichts wie nach Hause! Wer braucht schon Klamotten, wenn es Computer gibt. Außerdem habe ich jetzt ja diesen Rock. Immerhin.